Ich habe jetzt einen Bauarbeiterjob in Perth

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  Job Blog Eintrag von Ruderkahn am 13. Februar
  Ich habe jetzt einen Bauarbeiterjob in Perth
 
Am Donnerstag morgen wurde ich angerufen (mitten am Morgen!) ob ich nicht zum Buero einer Agentur kommen moechte, bei der ich schon vorher wegen Labourjobs angefragt hatte. 'Labour' ist auf Englisch die Allgemeinbezeichung fuer ungelernte Hilfstaetigkeiten; meistens auf Baustellen.

Ich fuhr also hin und wurde umfassend beraten; ueber meine Steuern und Versicherung am Bau, Vorschriften, Vorraussetzungen, usw aufgeklaert. Zum Beispiel brauche ich Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen, die den vorderen Fussteil und die Zehen vor so ziemlich allem schuetzen, was so da drauf fallen kann. Auch brauche ich eine Bluecart, die man bekommt wenn man bei einem Institut einen halben Tag lang Belehrungen ueber Sicherheit am Bau anhoert und sich einem anschliessendem Test unterzieht. Einen Termin fuer dieses Possenspiel wurde mir schon gemacht. Lustigerweise an einem Tag, der 7 Arbeitstage nach meinem ersten Arbeitstag liegt. Ich fange also schon an, ohne die Sicherheitsvorschriften zu kennen! Es reicht in Australien aus, einen vorhandenen TERMIN fuer die Bluecard vorzulegen, man muss um anzufangen nicht mal die Bluecard haben. Diese kostet ueberigens fast $100; wenn man aber einen Arbeitgeber vorweisen kann, gibt einem der Staat fast alles Geld zurueck - sodass man nur noch $22 bezahlt. Die Stahlkappenschuhe wurden mir schon vor Ort angeboten. Normalerweise kosten die Dinger 60-150 Dollar. Dort hatten sie sie fuer 40, weil man bei denen als Arbeiter anfaengt. Also habe ich zugeschlagen (Groesse 46). Die Agentur ist quasi der Vermittler an den Bautraeger, der mich als Arbeiter ausleiht. Ich bin ergo ganz klassisch ein 'Leiharbeiter'. ;)

Am naechsten Morgen stand ich also um 5:00 (geplant), 5:38 (tatsaechlich) auf, um zur Bahn zu rennen und zur Arbeit zu fahren. er Gegenstand der Baustelle sind 3 Appartmenthaeuser (Betonblock-Baukultur) von denen ich, als ich mich vom Freeway aus naeherte, dachte: "Wer baut denn sowas hier an der Autobahn?" Bis ich dann feststellte, dass sich diese Gebaeude am Swan-River befanden und einen idyllischen Blick auf Natur zur einen und die Skyline zur Innenstadt auf der anderen Seite boten. Sofort wollte ich dort wohnen.

Da ein gewisser 'Jack' nicht da war, wurde ich einem gewissen 'anderen' zugeteilt, dessen Name ich nicht mehr weiss. Er ist Fliesenleger in der Ausbildung und ich half ihm quasi den ganzen Freitag damit, Fliesen, Kacheln, Ziegelsteine und komische Pulverhaltige Saecke von A nach B zu schleppen. An der Gebaeudefassade befindet sich ein Aufzug, der alle Gueter nach oben transportiert. Wir als Personen durften leider nicht mit rein. Es hiess also, jedesmal in den 6. Stock raufrennen und das Gut entladen. Leider viel mir mit der Zeit auf, dass ich mich in der Schuhgroesse geirrt hatte. Die Schuhe drueckten an allen Zehen. Der Schmerz wuchs und die Fuesse wurden langsam taub. Am Ende des Tages rief ich 'Construct', meine Agentur an und schilderte ihnen die Lage. Als ich meine Schuhe auszog, musterte ich meine armen maltraetierten Zehe mit einer Mischung aus Mitleid und Ekel.

Fuer mich stand fest, dass diese Schuhe niemals mehr meine Fuesse beruehren wuerden. Ich lief also von der Baustelle bis zum 40 Minuten entfernt gelegenem Buero Constructs UEBER DIE AUTOBAHN AUF SOCKEN. Nette Erfahrung. Sollte jeder mal gemacht haben. Hat was existenzialistisches.

Zurueck im Buero schlugen sie mir also den Deal vor, mir fuer die groesseren Schuhe keine $40 zu berechnen, sondern nur $20 und versuchen die einen-Tag getragenen Schuhe fuer $20 an jemand anderen zu verkaufen. Ich probierte also......und kam auf eine 48!! Ich weiss, es hoert sich Kindersarg-artig an. Das Problem ist, dass diese Schuhe eher laenglich geschnitten sind - fuer duenne Fuesse. Echt-Kerl-Fuesse dagegen vertragen sich mit denen nicht. Deswegen musste ich diese abnormal grossen Schuhe holen, weil da die Breite stimmte, obwohl die viel zu lang sind. Auf meine Nachfrage stellte sich heraus, dass sie auch breitere Schuhe hatten; die Marke war die angeblich 'komfortabelsten Arbeitsschuhe der Welt'. Die haetten mich aber $120 gekostet. Das lohnt sich fuer die kurze Zeit (ich will da ungef. 2 Wochen arbeiten) absolut nicht.

Am Samstag wollte ich eigentlich auch arbeiten gehen, hatte aber kaum Lust. Normalerweise gibt es am Sonnabend (ja, ich habe jetzt beide Formen 'Sonnabend' und 'Samstag' gebraucht, um die Anhaenger beider Formen zu respektieren) ein BBQ. Es werden Fleisch und Wuerstchen gegrillt und das alles UMSONST; so als dankeschoen, dass man am Sonnabend arbeitet (gibt naemlich nicht mehr Geld pro Stunde).

Geld also: Ich verdiene 20 Dollar die Stunde. Nach Abzug der Steuer bleiben mir $ 14,20. Der Fliesenleger zum Beispiel bekommt $13, obowhl er schon 28 ist (er ist noch in seiner Ausbildung). Wenn er die Ausbildung fertig hat, wird er $35 die Stunde verdienen; das weiss er jetzt schon. Ich arbeite jeden Tag 9 Stunden (1 Stunde Pause, die sich in in 2 halbe Stunden am Tag aufteilt; 9:30 halbe Stunde 'Smoker' und 12:30 halbe Stunde Mittag. Keine Chance die Pause nicht zu nehmen! Es werden 45 Minuten von dieser Pause nicht bezahlt). Am Freitag sind es 8 und am Sonnabend 5. In der Summe arbeite ich also 49 Stunden die Woche (wenn ich Samstag auch gehe).

Das Wochenende habe ich also gefeiert. Am Montag kam ich also wieder. Ich wurde prompt zum Muellbeauftragten befoerdert. Ich musste alle leeren Muelltonnen zu den Aufzuegen der 3 Appartmenttuerme bringen und die vollen zuruecknehmen. Alle wurden dann in einen riesigen Container verfrachtet. Zu diesem Zwecke ward mir eine Maschine zur Verfuegung gestellt, die die Muelltonne nach dem bekannten Muelttonenauto-Prinzip einhakt, anhebt, anwinkelt und in den Container ausleert. Nur muss man von Hand noch viel nachhelfen. Nachdem dieser Container gefuellt war, musste ich an den naechsten ran, bei dem die Maschine nicht benutzt werden konnte. Das Ergebnis: Paul bekam ein Paar Handschuhe und durfte den ganzen Container eigenhaendig fuellen! Teilweise hatte die Gueter 20-40 Kilo Gewicht. Aus-den-Knien-heben wird hier gross geschrieben.

Am 3. Tag (Dienstag) ging es wieder genauso los. Ich war den ganzen Tag damit beschaeftigt, Muelleimer durchs Gelaende zu fahren. Das coole am Bau in Australien ist, dass alle super nett sind. Es herrscht nicht im Geringsten ein rauher Umgangston. Ich kenne inzwischen schon alle Bauarbeiter beim Gesicht; und 2 Handvoll beim Namen. Die meisten Arbeiter sind ohnehin keine Australier. Es gibt 2 Deutsche Fensterputzerinnen (Frauen auf'm Bau - Maennergespraechsthema Nummer eins), die ihr auf einem der Photos unten sehen koennt. Die Arbeit kann koerperlich natuerlich hart sein; aber man kann immer wieder sehen, dass sich niemand ueberarbeitet. Vor allem die Elektriker aus Deutschland unterhalten sich lieber, als Kurzschluesse zu legen (die haben uebrigens so ein woechetnliches Gehalt um die 1000 Dollar).

Es gibt das Sprichwort 'look busy' - sieh beschaeftigt aus! Es gibt da z.B. einen, der immer mit einem Malereimer durch die Gegend rennt. Wenn man ihn was fragt, sagt er im Vorbeigehen "I'm busy, I'm busy" Der ist uebrigens Australier.

Waehrend des gestrigen Tages hat mir dann die Muell-geEimerei gereicht. Ich habe mit Joey gesprochen, der der Chef des Unternehmens ist, welches fuer das Streichen der Aussenwaende verantwortlich ist. Er sagte, ich koenne auch fuer ihn arbeiten, die Bezahlung wuerde immer noch genauso laufen, fuer den gleichen Betrag, nicht als sein Angestellter; weiterhin als Arbeiter fuer die Baustelle. Jedoch nun unter seinem Kommando und nicht unter dem der beiden Aborigini-Schwestern, die die beiden Oberaufseher sind. Ich muesste nur noch diese beiden Damen fragen. Die waren ziemlich empoert und schockiert von meiner Vorderung. Aber nach ein paar Verhandlungen und Anrufen ging das dann klar. Ab morgen, hiess es, koenne ich fuer Joey arbeiten und es wuerde ein andere Labourer fuer die Muelltonnen angefordert werden.

Der grosse Tag kam also. HEUTE fing ich als Maler an. Die Arbeit ist im Vergleich zur anderen sehr Rueckenschonend, aber sehr Schulterintensiv, da man sehr viel "ueber-Kopf" malern muss. Aber das geht schon klar. Der 2. Unterschied: Wenn ich eine Muelltonne leere, ist die nach ner halben Stunde wieder voll. Wenn ich eine Wand gestrichen habe, ist das eine bleibende Arbeit. Streichen macht schon Spass! Man hat mir gleich am Morgen eine Mauer fuer mich gegeben. MEINE Mauer. Die wurde dann schoen vollgepinselt. Mit Grundierung. Dann gab es noch andere lange Mauern. Das habe ich bis zur Smokerpause gemacht. Danach hatte ich eine etwas andere Aufgabe: Eine Wand zum Streichen vorbereiten. Das Betonstueck war auf Augenhoehe und musste somit gruendlichst vorbereitet werden. Ich musste mti verschiedenen Werkzeugen Zement- und Dreckreste entfernen. Sauharte Arbeit! Bin fast verzweifelt, weil das Zeug nicht abging. Danach bekam ich eine geile Aufgabe, die das Panscherle und der geborene Kuenstler Paul geliebt hat. Mir wurde gezeigt, wie man Zement anruehrt und dann durfte ich die dicken Loecher in der Wand stopfen! Ist unter Umstaenden gar nicht so einfach. Und man lernt viel ueber Material und Techniken, dieses zu verwenden. Klasse!!! Und eine motorisierte Schleifmaschine durfte ich auch verwenden. Am Ende des Tages was die Wand (und 2 andere) eben. Das war mein Tag!

 

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